Redebeutrag zu den Wochen gegen Rassismus, im März 2021
Vielen Dank, dass wir OMAS GEGEN RECHTS bei dieser Veranstaltung dabei sein dürfen. Mit allen hier vertretenden Initiativen und vielen anwesenden Menschen eint uns die Sorge, dass sich menschenverachtendes, rassistisches Denken und Handeln in unserer demokratischen Gesellschaft immer mehr verbreiten und an Einfluss gewinnen kann.
Schleichend bahnt sich rechter Sprachgebrauch in unserer Alltagssprache ihren Weg. Begriffe wie „Flüchtlingswellen“, die uns überrollen, werden nicht nur von Rechten gebraucht oder „Umweltschützer“ werden als „Ökofaschisten“ bezeichnet.
Staatliche Maßnahmen sind notwendig geworden, um einen Großteil der Bevölkerung unter besondere Schutzmaßnahmen gegen rechte Gewalt zu stellen. Religionsgemeinschaften, Frauen, Homosexuelle, Schwarze, Obdachlose, Menschen mit Beeinträchtigungen, Asylsuchende, Einwanderer, das sind nur einige Gruppen, die von Rassismus und Diskriminierung betroffen sind. Solange Rechtspopulismus, Verschwörungstheorien und antidemokratische Verhaltensweisen sogar in Parlamenten eine gesellschaftliche Bühne bekommen, bringt diese Gesellschaft immer wieder Menschen hervor, die versuchen über andere Menschen Macht auszuüben und politisch motivierte Gewalttaten verüben, wie den Mord an Walter Lübcke, die Morde von Halle und Hanau. Dies sind nur einige, an die ich hier erinnere.
Der Verfassungsschutz geht in seinem Bericht von 2019 davon aus, dass 13.000 gewaltorientierte Rechtsextremisten in Deutschland leben. Bei 925 schweren Gewalttaten, wie Tötungsdelikten, sieht der Verfassungsschutz Anhaltspunkte für einen rechtsradikalen Tathintergrund. Ob schleichend oder offen gewalttätig, wir können und wollen eine Verharmlosung nicht mehr hinnehmen.
Wie kann es sein, dass in unserem Grundgesetz die Menschenrechte ganz oben auf unserer Werteskala stehen und diese Menschenrechte aber sogar staatlich missachtet werden? So werden weiterhin Geschäfte mit dem Krieg in aller Welt gemacht, es werden asylsuchende Menschen an Europas Grenzen abgewiesen, sie werden, wie z.B. in Moria oder Lesbos unter menschenunwürdigen Lebensbedingungen zusammengepfercht und man lässt sie dort sterben. Gleichzeitig diskutieren Politiker*innen und Medien und viele Stammtische ernsthaft darüber, ob wir Todesopfer an unseren Grenzen und Ertrinkende im Mittelmeer in Kauf nehmen müssen, um unsere Gesellschaft zu schützen.
Menschenrechte sind doch nicht verhandelbar!!
Wir möchten mit all diesen Menschen verschiedenster Herkunft zusammen in einem Land leben und wir möchten, dass jeder und jede hier im Land mit einem guten Gefühl und ohne Angst leben kann.
In einem Entschließungsantrag haben sich einstimmig alle Fraktionen im Bundestag hierzu bekannt: „Wir stehen ein für ein Deutschland, in dem alle ohne Angst verschieden sein können und sich sicher fühlen – ein Land, in dem Freiheit und Respekt, Vielfalt und Weltoffenheit lebendig sind.“
Wenn diese schönen Worte nur eine Absichtserklärung bleiben und trotzdem keine sichtbaren Maßnahmen und Verbesserungen entwickelt werden, dann verkehrt sich solch ein Statement in das Gegenteil. Ein Glaubwürdigkeits- und ein Vertrauensverlust gegenüber der parlamentarischen Demokratie sind die Folge. Dies ist eine Basis für das Erstarken von rassistischem Denken.
Wir OMAS GEGEN RECHTS machen uns große Sorgen um den Zustand der Demokratie – nicht nur in Deutschland. Tag für Tag beobachten wir, dass Bürgerbeteiligung nicht erst genommen wird. Wir sehen, dass eine Vergessenskultur statt einer Erinnerungskultur um sich greift und Mahner*innen als „Spinner“ abgetan werden. Immer mehr Menschen wenden sich von der demokratisch-parlamentarischen Politik ab und laufen falschen Heilsbringern hinterher. Wir sehen, wie die soziale Schere immer weiter auseinanderklafft und immer mehr Menschen von gesellschaftlicher Teilhabe abgehängt werden. Auch das ist der Nährboden rassistischen Gedankenguts. All diese Menschen. die wir in unserer demokratischen Gesellschaft nicht mitnehmen, werden an den Rand gedrängt. Sie dürfen uns nicht gleichgültig sein, sondern hier braucht es uns alle, ob Politiker*in oder Bürger*in, die für Menschenrechte nicht nur mit Worten sondern auch mit Taten eintreten.
Und wir fordern unsere politischen Vertreter*innen in Stadtverwaltungen, in Räten und Parlamenten auf, sich entschiedener gegen die Verbreitung rechter Ideologien einzusetzen. Es ist unerträglich mit anzusehen, wie Rechte in der AfD und anderen rechten Gruppierungen, sich auf Meinungsfreiheit und demokratisch-freiheitliche Grundrechte berufen, gleichzeitig aber daran arbeiten, diese Rechte zu vernichten. Das Bild vom „Wolf im Schafspelz“ ist noch viel zu harmlos, um diese perfiden, narzisstischen Machtgelüste zu beschreiben. Die Entwicklung rechtsradikaler Strukturen in Bundeswehr, Polizei und Verfassungsschutz werden nicht konsequent aufgedeckt. Üble Verschwörungstheorien können sich unkontrolliert in Medien verbreiten. Menschen erhalten Morddrohungen, weil anderen ihre Meinung nicht passt.
Das ist eine Entwicklung, der wir in solidarischer Gemeinschaft mit allen demokratischen Kräften entgegentreten müssen. Wir können die Morde und Gewalttaten nicht ungeschehen machen, aber wir können sie als Mahnung dafür sehen, wohin die Verharmlosung von rechten Ideologien führt!
Auch wir OMAS GEGEN RECHTS haben die Vision von einer Gesellschaft, in der die Menschen ohne politische Verfolgung, und Diskriminierung leben können. Für diese Vorstellung von einer Gesellschaft wollen wir alle Menschen ermutigen, sich für ein demokratisches, tolerantes und mitmenschliches Denken und Handeln einzusetzen. Es geht hier um Widerstand, um Ermutigung, Vernetzung und Sichtbarmachen: ALT SEIN HEISST NICHT STUMM SEIN!